Dass Webseiten kein CO2 produzieren, glauben wohl auch nur Leute, die meinen, der Strom kommt “einfach so” aus der Steckdose. Dass das aber nicht stimmt, habe ich bereits in mehreren Blogartikeln beschrieben z. B. in diesem hier. Und dass ich nachträgliche Verbesserungen bzw. komplette Relaunches nach den Kriterien CO2-Emission, Ladezeit und Onpage-SEO vornehme, hat sich auch bereits herumgesprochen. Dass ich damit aber alleine auf weiter Flur dastehe, wusste ich nicht. Ein Blick auf einige, willkürlich ausgewählte Beispiele, zeigt aber, dass die Thematik noch nicht bei vielen angekommen sein dürfte: Kaum eine Seite wird grün gehostet oder ist CO2-sparsam gemacht. Weder die der Grünen, noch die des deutschen Umweltministeriums.
Hier die Resultate nach CO2-Ausstoss geordnet, weiter unten gibt es dann weitere Informationen zu dem Thema. Ein Klick auf jedes Bild zeigt eine vergrößerte Ansicht. Links die CO2-Emissionen pro Seitenaufruf und rechts Informationen zur Pagespeed. Die Ladezeit steht zwar nicht direkt in Zusammenhang mit Pagespeed, aber die Messergebnisse für diesen Bereich zeigen trotzdem (indirekt) wo das Verbesserungspotential der einzelnen Seiten liegt.
Dass meine eigene Webseite den ersten Platz belegt, ist nicht verwunderlich. technik.gruenkraft.design wurde als Showcase gebaut um zu zeigen, was alles möglich ist, wenn man es im Zuge der Seitenkonzeption von Beginn an einplant. Interessant ist trotzdem, dass diese Seite offensichtlich die einzige ist, die auch auf klimaneutrales/ grünes Hosting Wert legt.
Platz 2 geht an die Webseite der österreichischen Grünen. Mit 2,49 Gramm CO2-Emission pro Seitenaufruf sind sie im Vergleich zu meinem Testcase trotzdem ziemlich abgeschlagen.
Auf Platz 3 ist meine Bank, die GLS (Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken) die sich ja als Ökobank versteht.
Auf Utopia.de treffen sich viele Menschen, die unsere Welt besser machen wollen und z. B. das Klima schützen wollen. Mit einer Emission von 3,3g CO2 pro Seitenaufruf ist die Seite zwar relativ OK, es gibt aber ein deutliches Verbesserungspotential, das noch nicht ausgeschöpft wurde.
Auf Platz 5 befindet sich “I plant a tree”, eine Organisation die es sich zum Ziel gesetzt hat, CO2-Emissionen durch Baumpflanzungen auszugleichen. 3,9g pro Seitenaufruf sind nicht gerade hervorragend, aber für das Mittelfeld reicht es.
Gleichfalls auf Platz 5 befindet sich die Webseite von Greenpeace Österreich. Die Emissionswerte sind sicherlich kein Ruhmesblatt, die Österreicher schlagen Greenpeace Deutschland aber trotzdem um Längen.
Platz 7 für die Umweltorganisation BUND mit ca. 5g CO2-Emission pro Seitenaufruf ist nicht gerade ein Musterbeispiel an Nachhaltigkeit.
Die deutschen Grünen betreiben eine Webseite, die man sicherlich als gar nicht nachhaltig bezeichnen muss. Konventioneller Energiemix beim Hoster und CO2-Werte der Spitzenklasse. An diesem Beispiel sieht man aber, das das Problem nicht aus böser Absicht entsteht, sondern schlicht und einfach aus Nichtwissen. Wäre ich bösartig, könnte ich auch Ignoranz dazu sagen, das will ich aber nicht: Das Thema ist eben leider noch nicht bei den Menschen angekommen.
Langsam nähern wir uns dem Ende unserer Liste und hier finden wir erstaunliche Teilnehmer: Am vorletzten Platz z. B. Greenpeace Deutschland mit ca. 19g CO2-Emission pro Seitenaufruf.
Den Vogel schießt aber das deutsche Umweltministerium ab. ;) Ca. 24g CO2-Emission pro Seitenaufruf. Pikanter Weise gab es an dem Tag an dem ich die Seite getestet hatte, eine Illustration über die CO2-Einsparungen Deutschlands im Jahr 2018.
OK, wir sind mit dieser kleinen Statistik fertig. Was sagt und das Ganze jetzt, welche Lehren können wir aus den Resultaten ziehen? Zusätzlich erkläre ich auch noch die Testbedingungen, die ich gewählt habe.
- Ich habe einige Webseiten von bekannten Umweltorganisationen/ Aktivisten relativ willkürlich herausgepickt. Das Ergebnis hat mich sehr überrascht, denn keine einzige (!) der willkürlich ausgewählten Seiten scheint sich mit der Thematik beschäftigt zu haben. Am rechten Bild (Pagespeed) sieht man ja relativ klar, welches Potential in den Seiten betreffend Pagespeed noch stecken würde, würde dieses Potential sehr gut genutzt werden, wären nicht nur die Ladezeiten geringer, sondern auch der Energieverbrauch pro Seitenaufruf.
- Die Werte, die bei den Ergebnissen ausgerechnet wurden, sind nicht “wissenschaftlich”, sondern sind Schätzungen des Messtools auf https://www.websitecarbon.com. Da ich aber für alle Webseiten das selbe Messtool genutzt habe, sind die Werte untereinander trotzdem vergleichbar. Man sieht am obersten Beispiel, dass es möglich ist, eine Webseite zu bauen, die pro Seitenaufruf lediglich 2,4% der Webseite des deutschen Umweltministeriums benötigt. (!)
- Zudem ist es wichtig zu wissen, dass eine Webseite nicht mit einer beliebigen anderen Webseite verglichen werden kann. Grob gesagt: Eine Webvisitenkarte benötigt nun mal weniger Energie als ein Videoportal. Ich habe in meinem Showcase daher verschiedene Unterseiten eingebaut, manche mit Videos, andere mit Soundfiles. Hier sieht man schon recht gut die Unterschiede, ich werde das in einem anderen Blogbeitrag ein anderes mal noch detailliert erklären.
- Die Daten ob Seiten “konventionell” gehostet werden oder auf Servern liegen, die mit Ökostrom betrieben werden, sind nicht verbindlich. Ich habe natürlich nicht bei jedem Hoster den Server inspiziert, sondern das Messtool sieht nach, wer den Server betreibt und vergleicht diesen Namen mit einer Liste von “grünen Hoster”. Ist der Name dort nicht eingetragen, wird “konventionelles Hosting” statt Ökoenergie ausgegeben. Obwohl es im Einzelfall also Abweichungen geben kann, stimmen die Daten trotzdem meistens.
Fazit: Grob gesagt, zeigt uns das Experiment folgendes: Die wenigsten Menschen wissen über das Thema überhaupt Bescheid, die meisten denken: “Ach die paar Watt, die meine Webseite benötigt, sind doch irrelevant.” Das das Web aber die größte Maschine ist, die der Mensch jemals gebaut hat, sind die “paar Watt” der einen Webseite sehr wohl genauso relevant, denn es gibt ja Milliarden von Webseiten, die Beträge multiplizieren sich also.
ABER: Wenn jemand zu dem Thema Bescheid weiß, dann sind es die Programmierer/ Webdesigner und die Hoster. Hier beginnt sich aber die Katze in den Schwanz zu beißen: Webdesigner wie ich, sagen den Kunden zwar bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass sie Energie sparen könnten, den Kunden ist das aber meist egal. Denn die Webseite, die weniger Energie benötigt, ist nicht aus Einzelteilen zusammengeklickt, sondern manuell programmiert, somit teurer und wird selten bestellt. Dazu kommt, dass man zusätzliche Workarounds einbauen muss, um den Energieverbrauch gering zu halten. Das will aber kaum jemand zahlen. (Eigentlich ein Klassiker: Umwelt hat eben ihren Preis!)
Aufgrund der anhaltenden Diskussionen zum Thema CO2-Emissionen könnte die Thematik aber bald für eine breitere Öffentlichkeit relevant werden. Das hoffe ich jedenfalls.
Möglichkeiten:
Bestehende Seiten könnten mit relativ geringem Aufwand “nachgerüstet” werden und werden nach der Anpassung weniger Energie benötigen. Wer Seiten betreibt, die auf WordPress basieren, kann auch mich fragen, ich kann diese Anpassungen gerne machen. Der Arbeitsaufwand beträgt – je nach Fall ca. 2-6 Stunden. Wesentlich teurer kommt natürlich ein kompletter Relaunch. Hier hat man aber dann alle Möglichkeiten die Seite WIRKLICH ernergieeffizient zu bauen. Auch dies biete ich an.
Wahnsinn! Das Umweltministerium hat die größte Dreckschleuder von allen? Finde ich wirklich beschämend!
Ja, das sehe ich auch so. aber es ist nicht beschämend, sondern vielmehr unwissend. Das ist ja das Problem. Man könnte mit relativ wenig Aufwand relativ viel Energie sparen, wenn man alle Webseite korrekt programmieren würde. Wenn man aber kostensparend arbeitet (also z.B. fertige Module nutzt) und auf die Energieeffizienz pfeift, und dann das Ergebnis nicht mal richtig optimiert, und beim Hosting einfach “irgendeinen” Anbieter nimmt, dann kommen dann solche Sachen raus.
Wobei es eben Unwissen ist und nicht böse Absicht. Denn dass das Umweltministerium mutwillig die Umwelt verschmutzt, glaube ich nicht. Gleiches gilt für Greenpeace, die ja auch eine Dreckschleuder betreiben. ;) Allerdings muss ich sagen, dass es auch bei mir Jahre gedauert hat, bis ich all dies, was ich jetzt weiss, gelernt habe. Zu dem Thema gibt es keine Bücher. Das muss man sich selbst zusammensuchen.